„Ist denn das wirklich Sport?“ – diese Fragen haben eSportler/innen als auch Amateure in den letzten Jahren immer wieder gestellt bekommen. Und tatsächlich lässt sich darüber vortrefflich streiten, denn noch nie war der Sportbegriff so divers und offen, wie er sich heute in der deutschen und globalen Gesellschaft präsentiert. Als ESBD gehen wir aber davon aus, dass eSport einen festen Platz in der deutschen Sportgesellschaft verdient und dort auch seine Berechtigung hat.
eSport – Verbandliche Begriffsbestimmung
eSport ist kein abgeschlossener Begriff, der selbsterklärend in der Gesellschaft verankert ist. Als vergleichsweise junge und generisch digitale Sportart entwickelt sich der eSport-Begriff in einem schnellen Tempo. Das heißt aber nicht, dass man grundlegende Strukturen des eSports nicht feststellen könnte.
Der ESBD als Verband definiert eSport in seiner Satzung wie folgt: „eSport […] ist das sportwettkampfmäßige Spielen von Video- bzw. Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen, nach festgelegten Regeln.“ Hinzu treten einige Kernelemente: der Wettkampf findet gegen menschliche Gegenspieler statt, er kann als Onlinewettkampf oder als Präsenzwettkampf gestaltet sein und er definiert sich maßgeblich über die motorische, präzise Bedienung des Eingabegeräts (z.B. Maus, Tastatur, Controller, Smartphone, usw.) im Zusammenspiel mit der Meisterung der durch das Spiel vorgegebenen Regeln und Limitierungen, die zum Spielziel führen. Man kann außerdem feststellen, dass eSport als Sportart eine Sammlung verschiedener Disziplinen ist, die sich über das jeweils gespielte Video- oder Computerspiel abbilden.
Aber die Diskussion, was eSport ausmacht und wo es vom Gaming und anderen Formen des Umgangs mit Videospielen abzugrenzen ist, ist eine solche, die wir als Verband weiterhin führen wollen.
Sport in Deutschland
Was eine Sportart zur Sportart macht, ist gleichfalls nicht einfach zu beantworten – es gibt kein Verfahren, an dem am Ende ein Stempel auf dem Antrag den Schlusspunkt der Debatte markiert. Viel mehr besteht der Anerkennungsbegriff in Deutschland aus einem komplexen System: der Staat entscheidet über Begünstigungen (wie die steuerliche Gemeinnützigkeit) und Regulierungen (wie bei der Einreise von ausländischen Berufssportlern und Trainern) und muss dabei auch gerichtliche Entscheidungen beachten; die Dachverbände des Sports in Bund und Ländern nehmen die Fachsportverbände auf und vergeben Fördermittel und entscheiden über Regulierungen; zuletzt bestimmt der gesellschaftliche Diskurs, ob etwas mehrheitlich als Sport akzeptiert wird oder als reines Publikumsevent verbleibt.
Jede Ebene hat ihre eigenen Definitionsmerkmale: der DOSB erfordert eine „eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität“ als grundlegendes Element einer Sportart, hinzu treten grundlegende sportliche Werte. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung, der die Kriterien des Sports im Gemeinnützigkeitsrecht bestimmt, sieht als „wesentliches Element“ die „körperliche Ertüchtigung“. Die wegweisende Entscheidung zum Turnier-Bridge (BFH v. 9.2.17 – V R 70/14) hat außerdem den staatlichen Gemeinnützigkeitsbegriff geöffnet für die Kriterien der wettbewerblichen Ausgestaltung, Breitensport-ähnlichen Organisation und daraus folgend eine positive Wirkung für die Allgemeinheit.
eSport ist Sport
Wenn man sich die verschiedenen Kriterien genauer anschaut, wird man feststellen, dass eSport als Sportart zu fassen ist. Die „sportartbestimmende motorische Aktivität“ ist durch die Bedienung der Eingabegeräte bei allen Formen des eSports gewährleistet; Turniere und Ligen finden nach anerkannten sportlichen Werten wie Fairness, Respekt und Toleranz statt und stellen die Integrität der Sportart durch ihre Regelsysteme dort klar, wo es die Programmierung des Spiels nicht schon vorgibt. Auch die körperliche Ertüchtigung ist wissenschaftlich feststellbar: die Sporthochschule Köln forscht seit Jahren in diesem Bereich und stellt fest, dass die Belastung durch die eigenmotorische Aktivität im eSport über die von anderen Sportarten hinausgeht; auch das Stresslevel liegt im vergleichbaren Bereich zum Motorsport. „eSport aus meiner Sicht anderen Sportarten mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen“, wird Prof. Froböse dazu zitiert.
Dabei kann eSport den Anschluss an den modernen Sportdiskurs finden, der die Bedienung technischer Geräte in den Mittelpunkt rückt. Schaut man sich eSport an, „geht der körperliche Einsatz über das für menschliche Tätigkeiten heute im allgemeinen übliche Maß hinaus, auch wenn die körperliche Anstrengung nicht so offensichtlich ist wie bei zahlreichen anderen Sportarten, z.B. in den Disziplinen der Leichtathletik“ und weiterhin wird „eine Körperbeherrschung – z.B. hinsichtlich des Wahrnehmungsvermögens, der Reaktionsgeschwindigkeit, der Feinmotorik- [verlangt], die in der Regel nur durch Training erlangt und aufrechterhalten werden kann“. Diese Zitate stammen dabei aus den Kriterien an den Sportbegriff des 1998 veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs zur Gemeinnützigkeit von Motorsport (BFH. v. 29.10.1997, Az.: I R 13/97, Nr. 11)
eSport bei der Leistung seiner Athleten/innen und bei dem hohen Organisierungsgrad der wettbewerblichen Struktur nicht als eigenständige Sportart anzuerkennen erscheint vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Als ESBD setzen wir uns für eine rechtliche, politische und gesellschaftliche Anerkennung von eSport als Sportart im deutschen Sportsystem ein. Dazu gehört die Gemeinnützigkeit, die Erleichterung der Einreise und Förderung des Amateur-eSports.
Anerkennungsprozess – How To Make Sport History
Die Frage der Anerkennung beschäftigt eSport schon seit zwei Jahrzehnten. Die Entwicklungen in Süd-Korea, wo eSport in die staatliche Landschaft seit 2000 integriert wurde, haben auch in Deutschland den Wunsch nach einer Anerkennung aufkommen lassen. Aber erst in den vergangenen Jahren und Monaten hat sich ein Klima-Wechsel in Politik und Verbänden ergeben. Von skeptischer Haltung bis offener Ablehnung hat sich eine Verschiebung des Diskurses auf Augenhöhe ergeben. Die Diskussion wird seitdem mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Sachargumenten geführt und entwickelt sich seit einigen Monaten in bedeutendem Tempo.
Auf politischer Ebene haben sich im Wahljahr 2017 mehrere Parteien in ihren Wahlprogrammen positiv zu eSport geäußert und den Dialog dazu gesucht. Höhepunkt des politischen Bekenntnisses zu eSport war die Vereinbarung des Koalitionsvertrags im Februar 2018, in dem sich CDU/CSU und SPD folgenden Wortlaut zum Regierungsprogramm machten: „Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.“
Auch die Sportverbände suchen einen konstruktiven Umgang mit eSport. Der DOSB hat noch im November 2017 die Gründung einer verbandlichen Arbeitsgruppe bekanntgegeben, die eSport evaluieren soll. Auf zahlreichen Fachveranstaltungen haben Fachsportverbände, Jugendgruppierungen und Landesorganisationen außerdem den jeweiligen Meinungsbildungsprozess gestartet.
Nicht zuletzt ist durch die Gründung des ESBD auch auf Seiten der eSport-Landschaft eine wichtige Voraussetzung für die Integration in die deutsche Sportgesellschaft erfüllt worden. Auch der eSport muss sich mit den Ansprüchen des traditionellen Sports auseinandersetzen und einen selbstkritischen Umgang mit seinen Strukturen und Schwerpunkten finden. Als bundesweiter Sportverband des eSports bietet der ESBD eine Plattform an, die Veränderungen und Herausforderungen begleitet und dabei die Faszination und den sportlichen Kern des eSport bewahrt.