DOSB verschließt sich vor eSport – ESBD: „Komplett an der gesellschaftlichen Realität vorbei!“

Pressemitteilung – Berlin, 29. Oktober 2018

Die DOSB-Führung hat am heutigen Montag seine erwartete Positionierung  zu eSport veröffentlicht. Die Stellungnahme umfasst dabei nach Einschätzung des eSport-Bund Deutschland (ESBD) eine allgemeine Ablehnung von eSport als sportliche Aktivität und möchte einem Aufbau von eSport in den Sportvereinen entgegenwirken. Einige Angebote möchte der DOSB im Kontext von außensportlicher Arbeit entwickeln und steht ansonsten abwartend den Entwicklungen in den Fachsportverbänden gegenüber. Er erteilt außerdem einem hypothetischen Aufnahmeantrag durch den ESBD schon jetzt eine deutliche Absage und lehnt außerdem die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit für Vereine mit eSport-Angebot ab. Der ESBD zeigt sich über die Positionierung des DOSB überrascht. „Monatelang hat sich der DOSB über eSport ausgetauscht und informiert, aber die Positionierung zeigt, dass es weiterhin kaum Verständnis über die eSport-Bewegung gibt. Die wenigen geplanten Maßnahmen binden den organisierten eSport nicht auf Augenhöhe ein. Damit stellt man sich an der DOSB-Spitze deutlich gegen die junge eSport-Bewegung“, sagt ESBD-Präsident Hans Jagnow.

Nach einer ersten Analyse des Positionspapiers sind laut dem ESBD viele Unstimmigkeiten, Inkonsistenzen und Verständnisfehler zu bemängeln. Zunächst versucht der DOSB den Begriff „eGaming“ anstelle von eSport einführen und grenzt ihn von Sportspielen und Sportartsimulationen (wie elektronisches Bogenschießen) ab. Dabei hadere er schon erkennbar mit Sportspielen – und positioniere in der  Konsequenz damit auch kritisch zu den eSport-Plänen seiner Mitgliedsverbände, wie dem DFB. „Diese Abgrenzungen sind völlig unsachlich und verwirrend, auch für Vereine und Verbände, die schon im eSport aktiv sind. Jetzt auch noch neue Begriffe zu erfinden, schadet dem DOSB nur“, merkt Hans Jagnow an. „Im DOSB positioniert man sich mit diesem Sonderweg komplett an der gesellschaftlichen Realität vorbei. Diesen Versuch der Spaltung wird die Generation eSport nicht mitmachen.“

Während der ESBD Werte wie Leistungsbereitschaft, Fairness und Respekt im eSport klar vertreten sieht und jüngst ethische Leitlinien für den eSport verabschiedete, will der DOSB keine Übereinstimmung mit seinen ethischen Grundlagen ausmachen können. Mit der umfangreichen Ablehnung der Gemeinnützigkeit für eSport und dem Versuch, eSport in Sportvereinen zu unterbinden, werde außerdem die ehrenamtliche Organisierung blockiert. Das besorgt Martin Müller, Vizepräsident für Breitensportentwicklung im eSport: „Es geht dem DOSB anscheinend gar nicht darum, neue sportliche Gestaltungsräume zu erschließen. Die Chancen für eine Verjüngung und Stärkung der Sportvereine werden mit diesem Beschluss ignoriert. Wir werden im Gegensatz dazu unser Engagement zur Entwicklung von eSport verstärken und weiter eng mit den interessierten Vereinen zusammenarbeiten.“ Erst am vergangenen Freitag wurde bei der jährlichen Mitgliederversammlung des ESBD in Hamburg die offene Haltung gegenüber dem organisierten Sport bestätigt. Laut dem vorliegenden Beschluss möchte der Verband dem DOSB eine Arbeitsebene vorschlagen, die sich neben dem generellen Dialog auch mit praktischen Fragen der Gestaltung des eSports beschäftigen soll. „Statt viel zu früh über einen Aufnahmeantrag zu reden, sollten sich eSport und organisierter Sport weiter kennenlernen und das funktioniert über konkrete Projekte und der Arbeit an gemeinsamen Herausforderungen“, erklärt Hans Jagnow. „Dazu laden wir alle interessierten Akteure, insbesondere DOSB und DBS, ein. Aber wir erwarten Augenhöhe und Offenheit vom organisierten Sport.“

Die Positionierung des DOSB hat auch Auswirkungen auf die politische Debatte. Nachdem sich die Große Koalition auf eine „vollständige Anerkennung von eSport“ im März dieses Jahrs geeinigt hatte, stoppte die Bundesregierung zuletzt ihre Bemühungen unter Verweis auf die Diskussion im DOSB. „Die ablehnende Haltung des DOSB darf jetzt nicht dazu führen, dass die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages begraben werden“, erklärt Hans Jagnow. „Einen Bruch dieser Zusagen wäre fatal, das würde das Vertrauen der über drei Millionen eSport-begeisterten Menschen in die Politik nachhaltig beschädigen. Die Bundesregierung  sollte stattdessen jetzt alle Spielräume ausnutzen, um eine Anerkennung von eSport, die Gemeinnützigkeit und bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.“ Problematisch sieht Jagnow insbesondere die Ablehnung aller Formen der Gemeinnützigkeit für eSport durch den DOSB: „Diesen Versuch der politischen Einflussnahme des DOSB über den sportlichen Bereich hinaus halten wir für absolut unangemessen. Das ist respektlos gegenüber den vielen Menschen, die im eSport jeden Tag ehrenamtlich gesellschaftliche Arbeit leisten.“ Am 28. November 2018 will sich der Sportausschuss des Bundestages zu eSport informieren und hat dazu auch den ESBD zur öffentlichen Anhörung geladen.

„Die DOSB-Führung hat heute eine Chance verpasst, sich zusammen mit dem eSport als digitale Sportbewegung offen aufzustellen und eine klare Linie zu finden“, fasst ESBD-Präsident Hans Jagnow abschließend die aktuellen Entwicklungen zusammen. „Stattdessen verliert er das Vertrauen einer jungen Generation in den organisierten Sport.“

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